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Gruppentherapie bei Kindern und Jugendlichen - gemeinsam Stärken entfalten

Gruppentherapie? Niemals!

„Niemals“ Lisa* reißt entsetzt die Augen auf. Sie geht bereits seit mehreren Monaten zu mir in Einzeltherapie und ich habe ihr vorgeschlagen zusätzlich an einer Gruppentherapie teilzunehmen. Einmal in der Woche treffen sich 6 Mädchen im Alter zwischen 15 und 17 Jahren und wir arbeiten gemeinsam an dem Thema "Stimmungsprobleme bewältigen".

So wie Lisa reagieren die meisten Jugendlichen, wenn ich ihnen die Teilnahme an einer Gruppentherapie vorschlage. Die Sorge ist groß sich vor anderen zu öffnen und kaum jemand kann sich vorstellen, dass Gruppentherapie auch so wirksam ist wie Einzeltherapie.

Vielen fällt es bereits in der Einzeltherapie schwer sich der Therapeutin anzuvertrauen und es erscheint fast unmöglich unbekannten Personen von sich zu erzählen.

Als Therapeutin liebe ich die Arbeit mit Gruppen. Ich empfinde die Gruppendynamik als bereichernd und freue mich auf jede Gruppensitzung.

Die Patienten haben die Möglichkeit Erfahrungen und Gedanken zu teilen und erleben da­durch, dass nicht nur sie alleine Schwierigkeiten haben. Das Gefühl von Verbundenheit wird gefördert und man kann voneinander lernen, indem man erlebt, wie andere mit Heraus­for­de­rungen umgehen. Die Gruppentherapie bietet einen wunderbaren Rahmen, um neues Verhalten auszuprobieren.

Schwierigkeiten mit fremden Menschen zu sprechen -
Wie kann Gruppentherapie helfen?

Ich denke da an Tom*. Tom hatte Schwierigkeiten mit fremden Menschen zu sprechen. Er mied insbesondere den Kontakt zu Gleichaltrigen und sorgte sich vor den Bewertungen durch andere Menschen. In der Schule einen Vortrag zu halten war für Tom der blanke Horror.

Innerhalb der Einzeltherapie hatte Tom bereits recht erfolgreich an seiner Angst gearbeitet und traute sich selbst immer mehr zu. Seine Schwierigkeiten mit Fremden und vor Gruppen zu sprechen konnte jedoch im Einzelsetting nur schwer ganz abgebaut werden.

Tom war bereit, so wie er es nannte „das Abenteuer Gruppentherapie“ einzugehen. Wir überlegten uns in der Einzeltherapie kleine Übungen, die er in der Gruppe machen konnte, ohne dass die anderen Gruppenmitglieder davon erfahren müssten. So fragte er zum Beispiel in der gemeinsamen Pause jemanden, ob dieser auch was trinken möchte. Tom nahm also von sich aus aktiv Kontakt mit einer für ihn unbekannten Person auf. Ich konnte diese Situation beobachten und später mit Tom in der Einzeltherapie besprechen.

Es zeigte sich, dass Tom ein guter Zuhörer ist. Diese Stärke war ihm überhaupt nicht bewusst. Den anderen Teilnehmern blieb das jedoch nicht lange verborgen und sie gaben ihm positives Feedback und freuten sich über seine Teilnahme an der Gruppe.

So erfuhr er zum ersten Mal in seinem Leben, einen wertschätzenden Austausch mit Gleichaltrigen und traute sich immer mehr zu, sich aktiv am Gruppengeschehen zu beteiligen. Dies wirkte sich auch positiv auf sein Selbstwertgefühl aus.

So gestärkt gelang es ihm außerhalb der Therapiegruppe mit anderen zu sprechen. Er hielt vor der Gruppe kleine Vorträge und gewann so zunehmend Sicherheit, um auch in der Schule Referate zu halten.

Gruppentherapie auch für Eltern sinnvoll

Auch für Eltern bietet die Gruppentherapie eine wertvolle Erfahrung und die Möglichkeit sich mit anderen Eltern auszutauschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden.

Oft kommen die Eltern mit Schuldgefühlen in die Therapie, sie fühlen sich für die psychische Erkrankung ihres Kindes verantwortlich. Wie oft habe ich schon den Satz gehört „bei den anderen läuft es deutlich besser.“

Innerhalb der Gruppentherapie findet zwischen den Eltern ein offener Austausch statt und es kann sehr entlastend sein, wenn man erfährt, dass es anderen ganz genauso oder zumindest ähnlich geht.

Vorteile einer Gruppentherapie sowohl für Kinder
und Jugendliche als auch für Eltern

Eine Gruppentherapie bietet also für Kinder und Jugendliche eine gute Möglichkeit, soziale Kompetenzen zu schulen und Ängste und Stimmungsschwankungen zu bearbeiten. Auch die Konzentrationsfähigkeit kann durch die Teilnahme an einer Gruppentherapie gefördert werden.

Eltern finden einen geschützten Raum zum Austausch und erhalten die Möglichkeit ihre Erziehungskompetenzen zu schulen.

Ich wünsche mir, dass meine Begeisterung für Gruppentherapie, meinen Patienten den Mut gibt, ein paar Sitzungen in einer Therapiegruppe zu erleben.

Die meisten Patienten, die diesen Schritt wagen, bleiben dabei und sind sehr froh und dankbar über diese Art der Therapie.

* Die Jugendlichen Tom und Lisa stehen stellvertretend für Jugendliche, die mit einer Angst­störung oder Depression leben. Die Schweigepflicht stellt eine wichtige Grundlage für das Ver­trauensverhältnis in einer Psychotherapie dar. Aus diesem Grund verwende ich ausschließlich fiktive Namen und verändere die Fallgeschichten so, dass selbst die Patienten sich nicht wiedererkennen.

Sie denken, eine Gruppentherapie für Ihr Kind oder Sie selbst könnte helfen?