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Bleierne Schwere -
Blickwinkel eines Angehörigen

Wie fühlt sich eine Depression an?

Nein. Nein, ich verstehe es leider nicht.

Ich weiß nicht, wie es sich anfühlt, unendlich schwere Gewichte an den Füßen zu spüren. Eine unsichtbare Kraft, die einem sämtliche Energie zu entziehen scheint. Wie es ist, wenn der Tag in die Nacht übergeht und dann wieder in den Tag und allein dieser sich aufzwängende Rhythmus zu Überforderung führt. Wenn das eigene Bett Sicherheit und Kampf ausstrahlt. Wenn der Körper von einer nie endenden Müdigkeit erfasst wird und der Schlaf, wenn er denn errungen wurde, nicht erholsam war.

Ich kenne das Gefühl von Traurigkeit, Wut, Schuld oder Scham. Aber ich weiß nicht, wie sich nichts anfühlt. Oder wie es ist, wenn die Freude so zuverlässig und bedingungslos aus dem Leben weicht. Wenn sich die Interessen in Luft auflösen und geliebte Menschen zwar gedanklich bedeutsam bleiben, aber das Herz nicht mehr erreichen. Das kenne ich nicht.

Aber du hast es mir erzählt. Zum Glück.

Nur eine pubertäre Phase oder steckt mehr dahinter?

Ich habe bemerkt, dass du die Schule vernachlässigst – passiert das nicht jedem Jugendlichen irgendwann?

Ich konnte nachvollziehen, dass dir die Hobbys aus Kindertagen nicht mehr zusagen – verlagern sich nicht die Interessen?

Ich fand es verständlich, dass sich der Freundeskreis ändert – ist das nicht entwicklungstypisch?

Ich habe mich darauf eingestellt, dass die Gefühlswelt eine andere wird – Pubertät und so?

Aber dann wurde aus dem schulischen Desinteresse das Schulschwänzen. Die Hobbys wurden nicht ersetzt, sie hörten gänzlich auf. Du hattest keine Freude und kein Interesse mehr an Aktivitäten mit anderen Jugendlichen, ganz gleich, welcher Freundeskreis sich meldete. Und deine Gefühlswelt schien nicht chaotisch zu werden, sondern leer.

All das habe ich gesehen, aber nicht verstanden. Doch du hast es mir erklärt. Du hast mir eine Welt eröffnet, die ich nicht kannte und die du auch nie erfahren wolltest. Es ist eine Welt mit Antriebslosigkeit, innerer Leere sowie Freud- und Interessensverlust. Ein Ort, in dem professionelle Hilfe nötig war.

Und so begann der Weg zur Psychotherapie.

Ob eine Depression vorliegt und Psychotherapie unterstützen kann, finden wir gemeinsam heraus.